Schwerter Schichtwesen
Was ist ein „Schicht“?
Ein Schicht ist ein räumlich definierter Nachbarschaftsbezirk in der Stadt Schwerte, die im 16. Jahrhundert in zehn solcher Bezirke eingeteilt wurde. Der Ursprung des Begriffs „Schicht“ findet sich im Wörterbuch der Brüder Grimm: Hier kann Schicht zum einen für „bestimmte Arbeitszeit und Arbeit, namentlich von der Arbeit, die man der Gemeinde zu leisten verpflichtet ist“ stehen, zum anderen wird die „ältere Bedeutung der Einteilung und Anordnung“ erwähnt. Zu den ursprünglichen Aufgaben der Schichte gehörten u. a. die Reinhaltung von Wegen, das Einbringen von Steuern, das Totenläuten, sowie die Gewährleistung des Feuerschutzes.
Heute gibt es in Schwerte 26 Schichte, die unterschiedlich stark aktiv sind. Demnächst finden Sie hier auch eine Schichtkarte, in der die Grenzen der Schichte eingezeichnet sind. Bereits jetzt können Sie in der Straßenliste feststellen, in welchem Schicht Sie wohnen und dann bei Ihrem Schicht nach weiteren Informationen suchen.
Wer ist Mitglied im Schicht?
Alle BewohnerInnen eines bestimmten Gebietes sind automatisch Mitglied im Schicht. Die Mitgliedschaft muss nicht erklärt werden. Ob man diese Mitgliedschaft aktiv gestalten möchte, ist selbstverständlich jedem selbst überlassen.
Was machen die Schichte?
Einmal im Jahr kommen die NachbarInnen eines Schichtes zum Schichtfest zusammen. Hier wird der/die neue SchichtmeisterIn für das darauffolgende Jahr gewählt. Die SchichtmeisterInnen werden in der Regel von einem Vorstand (KassiererIn und SchriftführerIn) sowie von einem Schichthelferkreis unterstützt. Die Praxis des nachbarschaftlichen Lebens zeigt sich von Schicht zu Schicht ganz unterschiedlich: Straßenfeste, Ausflüge, Sommerfeste, Weihnachtsfeiern, Osterskat, regelmäßige Stammtische und sportliche Aktivitäten sind nur einige Beispiele aus dem gegenwärtigen Schichtleben in der Stadt Schwerte.
Was machen SchichtmeisterInnen?
Traditionell ist der Schichtmeister der Vertreter des Schichtes gegenüber der Stadt und seit 1950 vertritt er "sein" Schicht im damals gegründeten Oberschicht. In "seinem" Schicht leitet er heute die Treffen des Schichthelferkreises, organisiert gemeinsame Veranstaltungen usw. Seine Tätigkeiten hängen stark davon ab, wie aktiv das Schichtleben in "seinem" Schicht ist.
In den meisten Schichten übernimmt beim Schichtfest im ersten Quartal des Jahres der/die 2. SchichtmeisterIn das Amt des/der 1. SchichtmeisterIn und ein/e neue/r 2. SchichtmeisterIn wird von den anwesenden Nachbarinnen und Nachbarn gewählt. In manchen Schichten wird nicht jedes Jahr neu gewählt, die Amtsperioden sind länger. Dies gilt vor allem für weniger aktive Schichte.
Was macht der Schichthelferkreis?
Der Schichthelferkreis unterstützt den/die SchichtmeisterIn. Denn z. B. die Durchführung eines Straßenfestes erfordert neben der organisatorischen Arbeit auch eine Menge praktischer Arbeit, die von einer Einzelperson nicht geleistet werden kann. SchichthelferInnen übernehmen also die Kinderbelustigung, backen Waffeln und kochen Kaffee, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Was ist ein Schichtbuch?
In den ersten Schichtbüchern aus dem 18. Jahrhundert wurden alle Ereignisse eingetragen, die das jeweilige Schicht betrafen - Geburten, Todesfälle, Feuer, Hochwasser usw. Heute wird die Tradition des Schichtbuches nicht mehr bei allen Schichten gepflegt und wenn werden dort nur noch die Namen der SchichtmeisterInnen und die gemeinsamen Unternehmungen eingetragen. Eintragungen über Geburten und Todesfälle, der Zu- oder Auszug von Schichtmitgliedern usw. ist heute nicht mehr möglich. Erstens sind die Schichtgebiete sehr viel größer (Schicht 24 hat etwa 1.800 Haushalte) und zweitens sind diese Informationen dem/der Schichtmeister/In gar nicht bekannt.
Was macht man an einem Schichtabend?
Heute hat der Schichtabend viele Namen: Stammtisch, Schichthelferkreis, Nachbarschaftstreff. Vorrangig geht es bei diesen regelmäßigen Treffen um die Geselligkeit, die Pflege der Nachbarschaft. Außerdem werden bei diesen Treffen gemeinsame Unternehmungen und Veranstaltungen geplant und organisiert. Die Häufigkeit der Treffen und wer diese Treffen besucht, ist abhängig von der Größe eines Schichts und wie aktiv das jeweilige Schicht ist.
Alle Schichtmitglieder sind herzlich eingeladen, an diesen Treffen teilzunehmen; Informationen geben Ihnen gern die Ansprechpartner der einzelnen Schichte. In welchem Schicht Sie wohnen, können Sie in der Straßenliste herausfinden.
Das jährliche Schichtfest ist der größte Schichtabend. Hierzu werden alle BewohnerInnen eines Schichts eingeladen. Je nach Größe und Aktivität eines Schichts kommen zwischen 50 und über 100 Nachbarinnen und Nachbarn zu diesen Festen. Heute werden die Schichtfeste in ganz Schwerte bekannt gegeben und sind für alle SchwerterInnen offen.
Was bringt die Zukunft?
Im März 2014 wurde mit Christopher Wartenberg der jüngste Oberschichtmeister seit Bestehen des Oberschichts gewählt. Er sagte bei seinem Amtsantritt: "Wir werden weniger, älter und bunter, d. h. die Bevölkerungszahl nimmt drastisch ab, die durchschnittliche Lebenserwartung steigt, und die kulturelle Vielfalt, sowie die Individualisierung von Lebensentwürfen, Werten und Familienformen wachsen. Wenn es uns gelingt, die bestehenden nachbarschaftlichen Strukturen weiter auszubauen, ruhende Schichte aufzuwecken, und neue Leute mit frischen Ideen ins Boot zu holen, schaffen wir schon heute die Strukturen, auf die wir in Zukunft bauen wollen."
Damit ist eigentlich alles gesagt, was man zur Zukunft der Schichte sagen kann. Nachbarschaft ist heute genauso wichtig, wie vor vier Jahrhunderten. Wir brauchen die Straßen nicht mehr zu reinigen und für den Fall eines Brandes gibt es die Feuerwehr; aber für die Kleinigkeiten des Lebens brauchen wir Nachbarschaft:
- der älteren Dame aus dem 1. Stock die Einkäufe tragen;
- den Garten des Nachbarn im Sommer gießen, wenn dieser im Urlaub ist;
- die Augen aufhalten, um Einbrüche zu vermeiden;
- die Kinder der Nachbarn auf dem Spielplatz mit beaufsichtigen ...